Querdenken als neue gesellschaftliche Gefahr

Ortsgruppe Kaiserslautern

Querdenken als neue gesellschaftliche Gefahr

In den letzten Monaten mussten wir alle zusehen, wie die Querdenken-Szene zu einer immer größeren Gefahr geworden ist. Obwohl die Corona-Maßnahmen weitgehend zurückgenommen wurden und die Impfpflicht kein Thema mehr ist, haben die Impfgegner* innen sich in den letzten Monaten versammelt und, ganz in weiß gekleidet, ihre Spaziergänge weitergeführt. Dabei ist wiederholt klar geworden, wie verwoben diese Bewegung mit der rechtsextremen Szene ist. Als Antifaschist* innen, und Umweltaktivist* innen, die die Gefahr sehen, die von Wissenschaftsfeindlichkeit ausgeht, nehmen wir, Fridays for Future Kaiserslautern, natürlich an Gegenprotesten teil. Hier der Text unserer Rede, die auf der Demo vom 13.06 in Neustadt an der Weinstraße gehalten wurde. Vielleicht sehen wir uns ja auf der nächsten Demo? Denn damit Rechtsextremist* innen nicht den Ton angeben, muss ein lautes „NEIN“ aus der Mitte der Gesellschaft kommen!

Hallo zusammen, ich spreche im Namen von Fridays for Future Kaiserslautern.
Vor 3 Jahren war für uns alle das Wort „Querdenker“ noch ziemlich wertneutral. Während der Corona-Pandemie haben sich unter diesem Namen Esoteriker*innen mit Verschwörungsgläubigen zusammengeschlossen. Die wurden dann von Reichsbürger*innen unterwandert, und von der rechtsextremen Szene erschreckend schnell radikalisiert. Schon wenige Wochen nach Beginn der Pandemie fühlte sich der Dritte Weg auf den Protesten gegen die Maßnahmen in Kaiserslautern so wohl, dass sie anfingen in rechtsextremen Parteijacken aufzutreten. Ablehnung war bei den anderen Anwesenden kaum zu sehen.


So ging es weiter, und gipfelte am 28. Mai in den Geschehnissen auf dem Hambacher Schloss. Hier nur eins der Ereignisse das mich entsetzt hat: die weißen Wanderer haben die Menschen vom Stand der Gedenkstätte für NS-Opfer so bedrängt, dass der Stand geschlossen werden musste. Menschen, die ehrenamtlich über historische Fakten aufklären, mussten zu ihrem Schutz vom Schloss eskortiert werden! Bei so etwas fühle ich mich hilflos. Und unglaublich wütend.
Dieser und andere Berichte zeigen: Weißhemden und Querdenker*innen sind kein „Querschnitt der Gesellschaft“. Auch wenn sie es seit über 2 Jahren behaupten. Diese Sammelbewegung ist eine Minderheit, die laut brüllt und gezielt anders denkende einschüchtert. Die so weit geht, Kinderfeste zu instrumentalisieren, wie dieses Wochenende in Landau. Und trotzdem werden sie in den Medien manchmal als „gemäßigt“ beschreiben .


Wäre das Ganze ein Gesellschaftsspiel, würde es wie folgt laufen: die Seite, die umgedrehte Deutschlandfahnen schwenkt, darf fröhlich würfeln, bis sie einen Pasch hat. Währenddessen bekommt antifaschistischer Gegenprotest von vornherein die Karte ausgeteilt „Gehe ins Gefängnis, begib dich direkt dorthin, gehe nicht über los, sammle keine Spenden für die Ukraine“.
Als konkretes Beispiel: Querdenker-Demos fanden auch in den heißesten Phasen der Pandemie statt, ohne Anmeldung, weil es ja „Spaziergänge“ waren. Was absoluter Unsinn ist, da sie eine klar erkennbare politische Message hatten. Und die Polizei schaute zu. Aber wenn wir eine Demo anmelden, werden Sonderparagraphen aus dem Ärmel geschüttelt und Ordner*innen müssen plötzlich ihre persönlichen Daten beim Ordnungsamt hinterlegen. Das mit dem Verbot Spenden zu sammeln ist auch tatsächlich passiert.


Um es noch einmal klar zu sagen: In einer demokratiefeindlichen Masse mit zu marschieren, in der klar erkennbar Rechtsextremist*innen laufen, das ist eine bewusste Entscheidung. Und zwar keine, die mit Freiheit zu tun hat, sondern mit Unterstützung von braunem Gedankengut!
An dieser Stelle eine kleine Orientierungshilfe für unseren Kanzler: nach Menschen, die an eine Zeit erinnern, die lange zurückliegt (und die kein Comeback feiern soll, wie sich alle hier einig sind) – nach solchen Menschen würde ich unter Reichsflaggen suchen. Nicht hinter Fridays for Future Bannern, auf denen „Listen to the Science“ steht.


Science, also Wissenschaft, ist ein gutes Stichwort für eine weitere Gefahr, die von diesen Schwurblern ausgeht: Wissenschaftsfeindlichkeit. Eine Gesellschaft in der evidenzbasierte Fakten mit Verschwörungsglaube gekontert wird, ist brandgefährlich. Besonders im Angesicht der Klimakatastrophe. Wir sind in der letzten Dekade in der gehandelt werden kann, bevor Kipppunkte endgültig überschritten werden.


Und wir wissen mittlerweile was getan werden muss. Spezialist*innen sind sich einig. Es muss jetzt schnell auf die Empfehlungen der Wissenschaft gehört werden! Gezielte Desinformation, wie von der Querdenker*innen Szene praktiziert, ist das genaue Gegenteil davon.


Und die Reaktion muss lauten: Zusammenarbeit. Zwischen Menschen die sich engagieren: für Klimagerechtigkeit (und das schließt soziale Gerechtigkeit mit ein), für Feminismus, gegen Faschismus, gegen Rassismus, gegen Queerfeindlichkeit, und alle andere Formen der Menschenfeindlichkeit. Und auch Menschen die sich noch nicht engagieren. Wir alle haben das Sorgerecht und die Sorgepflicht für unsere Zukunft, für unsere Demokratie und für unseren Planeten. Wir müssen uns den Weißhemden weiter entgegensetzen. Denn genauso wie es klimatische Kipppunkte gibt, gibt es auch gesellschaftliche. Lasst uns dafür sorgen, dass es in Richtung einer Gesellschaft kippt, in der alle Menschen einen Platz finden und langfristig eine Lebensgrundlage haben. Lasst uns den Weißhemden zeigen, dass wir bunter, zahlreicher, und entschiedener sind, als sie es sich vorstellen können.