Warum wir die Proteste in Hong Kong unterstützen

Ortsgruppe Kaiserslautern

Warum wir die Proteste in Hong Kong unterstützen

Seit dem Sommer 2019, als zwei Millionen Menschen auf die Straße gingen, um die Rücknahme des Auslieferungsgesetzes zu fordern, ist Hong Kong Schauplatz ständiger Massendemonstrationen. Nicht länger eine Ein-Thema-Bewegung, fordern die Demonstrierenden inzwischen eine allgemeine Demokratisierung Hong Kongs.

Die 5 Forderungen der Protestbewegung
  1. Vollständige Rücknahme des Auslieferungsgesetzes
  2. Eine unabhängige Untersuchungskommission zu Polizegewalt
  3. Rücknahme der Klassifizierung der Demonstrationen als „Riots“ (engl. für „Aufruhr“, negativ konnotiert)
  4. Freilassung und Begnadigung aller inhaftierter Protestierenden
  5. Allgemeine, freie und gleiche Wahl des Parlaments und des Regierungsvorsitzes

Auch wenn es nicht auf der ersten Blick offensichtlich scheint, was die Proteste in Hong Kong mit unserem Streben nach Klimagerechtigkeit zu tun haben, gibt es aus unserer Sicht gewichtige Gründe dafür, uns mit den Demonstrierenden zu solidarisieren. Dabei wollen wir darauf hinweisen, dass Klimagerechtigkeit aus unserer Perspektive weit über reinen Klimaschutz hinausgeht, und auch Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnisse mit in den Blick nimmt. So sind etwa die Menschen am stärksten vom Klimawandel betroffen, die den geringsten Anteil an ihm haben und häufig nur sehr eingeschränkt über Möglichkeiten verfügen, ihn einzudämmen.

Studio Incendo [CC BY (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)]

1. Egalitäre Organisation

Obwohl Greta Thunberg die Fridays for Future Bewegung durch ihren persönlichen Einsatz ins Leben gerufen hat, und diese international in den Medien vielfach vertritt, ist weder sie noch andere Personen oder Gruppen unsere „Führung“. Stattdessen sind wir in unabhängigen Basisgruppen organisiert, Entschlüsse werden basisdemokratisch (vielfach im Konsensprinzip) getroffen. Diese hierarchiefreie Form der Organisierung ist für uns ein wesentliches Element einer emanzipatorischen Bewegung. Auch die Proteste in Hong Kong kommen ohne Führung aus, und sind das Ergebnis von gleichberechtigter Zusammenarbeit. Das erschwert nicht nur eine Kriminalisierung Einzelner, sondern ermöglicht auch eine sehr dynamische und spontane Herangehensweise.

2. Forderung nach Mitbestimmung

Zu Beginn ging es der Bewegung lediglich um die Rücknahme eines einzelnen Gesetzesentwurfs, der es der Festland-chinesischen Regierung erlaubt hätte, ihr drakonisches Strafsystem auch auf Einwohner Hong Kongs anzuwenden. Die Weigerung der Regierung Hong Kongs, dem friedlichen Protest von mindestens 2 Millionen Menschen (also über einem Viertel der Bevölkerung) Gehör zu schenken, führte zu einer Ausweitung der Forderungen, sowie einem zunehmend bestimmten Auftreten der Demonstrierenden. So fordert die Bewegung inzwischen auch eine Demokratisierung des Wahlsystems. Dass es der Bewegung mit dieser Forderung ernst ist, muss spätestens seit dem 23. Oktober klar sein. An diesem Tag wurde der Gesetzesvorschlag, der die Proteste ausgelöst hatte, endgültig zurückgezogen. Die Bewegung lässt jedoch nicht in ihren demokratischen Bestrebungen nach, bis alle fünf Kernforderungen erfüllt sind. Demokratische Mitbestimmung ist auch für uns ein elementares Anliegen, da wir nicht länger hinnehmen wollen, dass über unsere Köpfe hinweg Entscheidungen getroffen werden, die zu einer Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen führen.

3. Staatliche Repression

International ist die Klimabewegung vielfach staatlicher Repression und Gewalt ausgesetzt. Egal ob diese in Mordanschlägen besteht, wie im Fall von Nazildo dos Santos Brito, einem brasilianischen Umweltaktivisten, oder in der offenen Gewalt einer militarisierten Polizei, wie sie gegen die indigene Bevölkerung in den USA eingesetzt wurde, oder auch die vielfach abgestrittene Polizeigewalt im Hambacher Forst. Dabei trifft die ausführenden Gewalttäter häufig nur ein Teil der Schuld: Die Mittel, Ziele und Anweisungen werden in der Regel von Leuten getroffen, die nie selbst am Einsatzort waren. Auch in Hong Kong sind die Demonstrierenden zunehmend brutaler Gewalt ausgesetzt. Diese stammt häufig von Polizeikräften, entweder offen oder versteckt (durch Einsatz von Agent Provocateurs), mitunter aber auch von Schlägern aus den Reihen der Triaden (organisierten Kriminalität), die stellenweise gegen die Demokratiebewegung vorgeht. Im Angesicht solcher Repression finden wir es wichtig, uns ganz klar auf Seiten der Demonstrierenden zu positionieren, die wie wir für demokratische Mitbestimmung kämpfen.

4. Umweltschäden durch Waffengewalt

Der massenhafte Einsatz von (mitunter bereits abgelaufenem) Reizgas durch die Hong Konger Polizei hat inzwischen ein derart hohes Maß erreicht, dass lokale Umweltschäden bewirkt werden. So konnten beispielsweise nach exzessivem Tränengaseinsatz vermehrt tote Bienen und Vögel gefunden werden. Wie immer im Fall von Ökosystemen ist zu befürchten, dass durch Schädigungen an einer Stelle schnell auch andere Bereiche in Mitleidenschaft gezogen werden. Das moniert auch unsere Schwestergruppe Fridays for Future Hong Kong, mit der wir uns selbstverständlich solidarisieren.

Fazit

Wir unterstützen das Streben der Bevölkerung Hong Kongs nach Freiheit und Demokratie, und solidarisieren uns mit den stattfindenden Aktionen zivilen Ungehorsams. Wir verurteilen ausdrücklich die von der Regierung ausgehende Eskalation der Gewalt, und schließen uns den fünf Forderungen der Demonstrierenden an. Freiheit für Hong Kong!

Mozhizhai [CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)]
Weiterführende Informationen

https://thediplomat.com/2019/10/inside-hong-kongs-leaderless-uprising/
https://www.independent.co.uk/news/world/asia/hong-kong-protest-latest-bruce-lee-riot-police-water-a9045311.html
https://www.theguardian.com/environment/2018/apr/17/murdered-indigenous-land-activist-adds-to-rising-death-toll-in-brazils-amazon
https://edition.cnn.com/2016/11/23/us/north-dakota-pipeline-conflict/index.html
https://www.theguardian.com/us-news/2017/jan/18/dakota-access-pipeline-protesters-police-used-excessive-force
https://hambacherforst.org/blog/tag/polizeigewalt/
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1103890.hambacher-forst-reuls-wahrheiten.html
https://www.theartnewspaper.com/comment/the-future-of-hong-kong-is-already-set-ai-weiwei-responds-to-china-s-escalating-violence-against-democracy-protesters
https://www.scmp.com/news/hong-kong/politics/article/3021518/liberate-hong-kong-revolution-our-times-who-came-protest
https://en.wikipedia.org/wiki/2019_Hong_Kong_protests
https://lihkg.com/thread/1585367/page/1
https://www.reddit.com/r/HongKong/